LEED (Leadership in Energy and Environmental Design), das US-amerikanische Zertifizierungslabel für nachhaltige Gebäude, startete im Jahr 2000 mit den ersten Registrierungen und Zertifizierungen. Seitdem wurden über 14.000 Objekte registriert (s. Karte) und knapp 7.000 Objekte zertifiziert. Man kann diese Entwicklung durchaus als exponentielles Wachstum bezeichnen. Und daher ist es auch gerechtfertigt, von einer „grünen“ (Produkt-)Innovation zu sprechen, zumal die für die Zukunft erwarteten Energiepreissteigerungen die Entwicklung eher verstärken werden und weil das politische Interesse an „grünen“ Innovationen in Anbetracht des fortschreitenden Klimawandels anhalten dürfte. Doch was genau waren die Bestimmungsfaktoren der Verbreitung von Green Buildings in den USA? Diese Frage ist nicht nur akademisch, sondern wirtschafts- und umweltpolitisch brisant, denn sie hilft bei dem Erstellen flankierender Maßnahmen. Angesichts eines auch in der US-amerikanischen Gesellschaft zunehmenden Umweltbewusstseins haben wir außerdem untersucht, inwieweit dieses die Verbreitung von Green Buildings positiv beeinflusst bzw. beschleunigt.
Die Entscheidung, eine Innovation zu übernehmen, wird von verschiedenen externen und internen Umständen beeinflusst: Im Wesentlichen können diese in drei Gruppen eingeteilt werden: das umgebende Umfeld (extern), die Art des Entscheidungsträgers (intern) und der Charakter der Innovation (intern). Die Literatur zu Green Buildings isoliert viele Faktoren, die ein Unternehmen veranlassen, in nachhaltige Immobilien zu investieren. Zunächst einmal kann eine „grüne“ Innovation in Form eines Green Buildings je nach Marktlage sowohl auf Objektebene als auch in Kombination mit anderen Anlagen auf Portfolioebene und schließlich als ein möglicher Baustein einer CSR-Agenda auf Unternehmensebene einen positiven Wertbeitrag stiften. Die aussagefähigsten Ergebnisse liegen für die Objektebene vor: Unter den jeweils getroffenen Annahmen des gewählten Forschungsansatzes zeigen zahlreiche Studien, dass nachhaltige Gebäude höhere Mieten, geringere Bewirtschaftungskosten und ein geringeres Risiko als Eigenschaft besitzen, reflektiert in einem, trotz höherer Anfangsinvestition (Herstellungskosten etc.), höheren Immobilienwert im Vergleich zu den konventionellen Referenzgebäuden.
Ein rationaler Investor in Green Buildings würde je nach Sektor, Region oder Marktsituation etc. genau dann in ein nachhaltiges Gebäude investieren, wenn die beschriebenen Vorteile bereits innerhalb eines kürzeren Zeitraums zur Amortisation führen bzw. einen höheren Nettokapitalwert generieren als Alternativinvestitionen. In diesem Fall ist die Vorteilhaftigkeit eindeutig gegeben. In Grenzfällen können gesetzgeberische Maßnahmen in Form von Steuererleichterungen oder Subventionen die relative Vorteilhaftigkeit eines Green Buildings bewirken bzw., im Falle administrativer oder technischer Unterstützung, die Komplexität im Zuge einer Green Building-Projektentwicklung reduzieren und somit die Unsicherheit in der Investitionsentscheidung minimieren. Ferner kann ein zunehmendes gesellschaftliches Umweltbewusstsein zum Einen in einer zusätzlichen Zahlungsbereitschaft für „grüne“ Investitionen münden und zum Anderen zu einem längerfristigen Planungshorizont führen, der einen erweiterten Amortisationszeitraum für „grüne“ Investitionen zulässt. Ist der Mechanismus erst einmal in Gang gesetzt, lassen sich Skaleneffekte und positive Externalitäten realisieren, denn eine erfolgreiche Strategie findet rasch Nachahmer. Dies beschleunigt den Prozess.
Hinter den über 14.000 registrierten Green Buildings verbirgt sich jedoch häufig ein anderes, weitaus weniger rationales Kalkül. Etwa die Hälfte aller grünen Gebäude in den USA steht im Eigentum staatlicher Institutionen oder gemeinnütziger Organisationen. Die Kosten-Nutzen-Analyse läuft dort weniger restriktiv ab. Vielmehr besteht ein größerer Spielraum hinsichtlich weicher, nicht-monetärer Motive. So kann auf staatlicher Seite eine Pro-Green-Building Entscheidung viel stärker forciert werden. Zum einen führt der fortschreitende Klimawandel in Kombination mit dem, infolge der Globalisierung verschärften Wettbewerb zwischen Metropolregionen zum Kampf um die „grünste“ Stadt. Dies bedeutet, die städtischen Institutionen versuchen, durch Zertifizierung der eigenen Objekte eine Vorreiterrolle einzunehmen, um sich ein „grünes“ Alleinstellungsmerkmal zu verschaffen. Zum anderen müssen staatliche Vertreter sich auch an den nicht-monetären Interessen ihres Souveräns orientieren – auch um ihre Wiederwahl zu sichern. Dementsprechend ist die Konzentration von staatlichen Green Buildings auf Verdichtungsräume weniger stark ausgeprägt, weil für die Entscheidungsträger neben den rein monetären Gründen zahlreiche nicht-monetäre Argumente hinzukommen.
Da unterschiedliche Mechanismen hinter der Verbreitung von Green Buildings greifen, war eine Unterteilung der Stichprobe auf Basis des Eigentümertyps notwendig. Die Ergebnisse sind bemerkenswert: Marktgetriebene Green Buildings sind stärker regional auf wenige Agglomerationsräume konzentriert als staatliche. Dies erscheint intuitiv, da ein rein marktliches Kalkül die Konzentration auf die profitabelsten Metropolräume vermuten lässt. In CBSAs (Core Based Statistical Areas), in denen keine umweltpolitischen Maßnahmen erlassen wurden, verschärft sich diese Divergenz.
Mit der Studie konnte gezeigt werden, dass neben makroökonomischen und den gängigen immobilienwirtschaftlichen Indikatoren auch „grüne“ Determinanten, wie etwa ein gesellschaftliches Umweltbewusstsein, einen signifikanten Beitrag zur Verbreitung von Green Buildings in den USA liefern. Die Incentivierung mittels umweltpolitischer Maßnahmen ist für die Verbreitung marktgetriebener Green Buildings sogar essentiell, für staatliche Gebäude sinn-voll. Dementsprechend konnte für beide Teilstichproben die Wirkung der wirtschaftspolitischen Maßnahmen nachgewiesen werden. Darüber hinaus beschleunigt ein, in der Bevölkerung verankertes, Umweltbewusstsein statistisch signifikant sowohl die Verbreitung marktgetriebener als auch staatlicher Green Buildings. Bei Ersteren reagieren die Unternehmen auf das gestiegene Umweltbewusstsein bei ihren Kunden und möchten mit der Investition in grüne Gebäude ihr eigenes grünes Image heben. Auf staatlicher Seite dagegen kann der Wiederwahlgedanke als extrinsische Motivation interpretiert werden. Im Rahmen der Verbreitung staatlicher Green Buildings konnte darüber hinaus die regionale Treibhausgaskonzentration als bedeutender Treiber identifiziert werden.
Weitere Veröffentlichung dieses Texts:
Braun, Thomas ; Cajias, Marcelo ; Hohenstatt, Ralf: Green Diffusion: Determining the Diffusion of Green Buildings in the US (European Real Estate Society 19th Annual Conference Edinburgh 2012). - Working paper